840 Meter unter der Rhön

840 Meter unter der Rhön

Im Förderkorb geht es im Kali-Bergwerk Merkers in der Thüringer Rhön abwärts bis in 500 Meter Tiefe. Dort steigen wir um auf Lastkraftwagen und fahren über 20 Kilometer weiter bis zur Kristallgrotte. Die liegt 840 Meter tief. Das Thermometer zeigt hier konstant 28 Grad Celsius an. Das unterirdische Straßennetz ist riesig. Über 4900 Kilometer mit dem Lkw befahrbare Straßen gibt es hier. Die zehn Meter hohe Kristallgrotte mit bis zu einem Meter großen Salzkristallen wurde 1980 bei Sprengarbeiten zufällig entdeckt. Ein paar Kilometer weiter liegt eine weitere Schatzkammer. Hier versteckten kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges die Nazis den riesigen Goldschatz und eine unvorstellbare Menge an Devisen der Deutschen Reichsbank. Auch die Ausstellungsstücke der Berliner Museen verbarg man hier bombensicher. Die amerikanischen Soldaten trauten ihren Augen nicht als sie vor der Nofretete und Gemälden von Rembrandt, Dürer, Cranach und vielen anderen standen. Der Abtransport musste schnell erfolgen, weil Thüringen zur sowjetischen Besatzungszone gehörte. Über Tage weithin sichtbar sind die über 500 Meter hohen Abraumhalden. Ein Problem für die Umwelt, den Regen löst das Steinsalz auf und versickert mit Schwermetallen im Boden.

Die Rhön ist ein Land der offenen Fernen. Berge bis fast 1000 Meter Höhe, Wälder und große Wiesen prägen die Landschaft. Es gibt wenig Landwirtschaft, weil Millionen Steine in allen Größen die Bearbeitung des Bodens unmöglich machen. Bis zur Wende im Jahr 1989 war ein großer Teil der Thüringer Rhön gesperrtes Grenzgebiet. Es gab und gibt keine Freizeitparks und Spaßbäder. Dafür Natur pur. Ein ideales Wandergebiet. Selten, dass irgendetwas die Ruhe stört. So wie einige Hundert Rhönschafe, eine seltene Haustierrasse, die uns auf einem Waldweg überholten. An manchen Orten scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Wie in Dermbach, am „Deutschen Haus“.

Zu den schönsten Wanderwegen gehört der Point-Alpha-Weg. Der Rundweg mit Start in Geisa ist etwa 15 Kilometer lang. Er führt durch dunkle Buchenwälder, über große Berg- und Streuobstwiesen. Ein Teil des Weges verläuft auf dem „Grünen Band“, der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Höhepunkt ist ein geschichtsträchtiger Ort, der Point Alpha. Es war wohl der heisseste Ort zwischen der NATO und den Warschauer Vertragsstaaten während des Kalten Krieges. Sollte es zu einem Ausbruch eines Krieges kommen erwartete man dies hier in der Thüringer Rhön. Deshalb hatten beide Seiten ein umfangreiches Beobachtungssystem aufgebaut. Heute erinnert ein Museum an diese Zeit. Kaum zu glauben, wie menschenfeindlich  die DDR-Grenzanlagen waren, um jegliche Fluchtversuche zu verhindern. Streckmetallzaun, an dem man nicht hochklettern konnte. Wer ihn berührte, löste ein Minensystem aus. Extrem war es in Orten wie zum Beispiel Birx. An drei Seiten war das Dorf in weniger als dreihundert Metern von den Grenzanlagen umgeben. Hier treffen die Thüringer mit der Hessischen und Bayerischen Rhön zusammen.