09 Jan Harzreise
Reiseziel für die Tage um den Jahreswechsel war wieder einmal der Harz. Am vorletzten Tag des Jahres war der Brocken das Wanderziel. Noch im Dunkeln ging es los in Ilsenburg auf dem Heineweg, vorbei an den Ilsefällen. Das ist die schönste Route zum Brockengipfel. Diesen Weg über 850 Höhenmeter ging 1824 auch einer der größten deutschen Dichter, Heinrich Heine. Danach schrieb er die „Harzreise“. Schon vor ihm war Goethe auf dem mit 1141 Metern höchsten Berg Norddeutschlands, dreimal sogar. Das erste Mal am 10. Dezember 1777. Zu jener Zeit war der Berg vollkommen unerschlossen, Wildnis, keine Wege. Der Aufstieg war ein Abenteuer. Besonders sein Meisterwerk, der „Faust“ wurde deutlich von seinen Harzer Wanderungen geprägt. Viele Szenen spielen in diesem Gebirge, zum Beispiel die Walpurgisfeier auf dem Brocken. Der Dichter besuchte auch Rosstrappe, Hexentanzplatz, Teufelsmauer und Bodetal.
Weithin sichtbar sind die Radar- und Antennenanlagen auf dem Gipfel. Am 13. August 1961 wurde der Brocken, der im unmittelbaren Grenzgebiet der DDR zur Bundesrepublik Deutschland lag, zum militärischen Sperrgebiet und nicht mehr zugänglich. An der höchsten Stelle befanden sich gleich zwei große und leistungsfähige Abhöranlagen. Eine gehörte dem sowjetischen Militärgeheimdienst GRU und war damit der westlichste Vorposten der Sowjetunion, die andere war der Hauptabteilung lll des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR unterstellt. Ein Museum auf dem Berg gibt darüber Auskunft.
Der Brockengipfel empfing uns mit blauem Himmel und Sonnenschein. Das soll nur an wenigen Tagen im Jahr so sein. Oben steht ein großes Heine-Denkmal, an dem die meisten Touristen achtlos vorbei gehen. Und wohin schaut Heine? Natürlich Richtung Ilsenburg. Mehrmals wanderte ich in den vergangenen 25 Jahren in der Silvesterzeit auf den Brocken. Aber noch nie hatten die kleinen, verkrüppelten Fichten an der Baumgrenze so wenig an. Dünn war ihr Gewand aus Schnee- und Eiskristallen. Selbst Gräser und Sträucher trugen einen durchsichtigen Eismantel, eine Komposition aus vergänglicher Schönheit. Klimawandel aller Orten.
Nicht versäumen sollte der Harzreisende eine Fahrt mit den Harzer Schmalspurbahnen. Auf einer Spurbreite von nur 1000 Millimetern verkehren 25 historische Dampflokomotiven mit alten Wagen auf einem 140 Kilometer langen Streckennetz. Wir waren mit der Selketalbahn von Gernrode nach Alexisbad unterwegs. Das Selketal ist eines der schönsten Harztäler, Natur pur. Der Ort Alexisbad enttäuscht. Einst gefragter Urlaubsort, sind heute viele unbedingt erhaltenswerte Häuser dem Verfall preisgegeben. Ähnlich sieht es in der Altstadt von Blankenburg aus. Fachwerkhäuser sind zum Teil nur noch Ruinen, viele, sehr viele Geschäfte stehen leer. Nur wenige Häuser sind restauriert. Keine blühenden Landschaften.
Auch ein Stück Hamburg gibt es bei Blankenburg. Eine Felsformation an der Teufelsmauer trägt den Namen „Hamburger Wappen“. Die Ähnlichkeit ist unübersehbar. Gleich daneben gibt es einen Kuhstall, eine Höhle im Sandstein.