Abschied in Kiew

Abschied in Kiew

Vor wenigen Tagen sah ich einen Beitrag im Fernsehen über die Auswirkungen des fürchterlichen Krieges Russlands in der Ukraine. Hier kam auch Oleg Blochin zu Wort. „Die russische Aggression ist unter keinen Umständen hinnehmbar. Wir werden den Kampf gewinnen“, sagte der weltbekannte  ukrainische Fußballer. 1975 wurde er Europas Fußballer des Jahres. Für seinen Klub Dynamo Kiew absolvierte er 433 Ligaspiele, schoss 211 Tore. 109 Mal spielte Blochin für die sowjetische Nationalmannschaft. 1988 beendete der Fußballer seine aktive Kariere. 

Am 28. Juni 1989, vor nunmehr 33 Jahren, veranstaltete der Fußball-Weltverband ihm zu Ehren ein Abschiedsspiel der sowjetischen Nationalmannschaft gegen eine Weltauswahl. Dieses Sportereignis fand im  damaligen Zentralstadion von Kiew statt, vor über 100 000 Zuschauern. Mein damaliger Chefredakteur beauftragte mich, dieses Sportereignis zu fotografieren. Es war für mich das erste Mal (und auch das letzte Mal) ein Fußballspiel vor so vielen begeisterten Zuschauern zu erleben. 

Jean-Marie Pfaff (belgischer Torhüter) und Paul Breitner führten die Weltauswahl auf den Platz. Ein Fallschirmspringer in Schiedsrichterkleidung landete mit dem Spielball genau auf dem Anstoßpunkt. Oleg Blochin nutzte die Zeit zu einem Gespräch mit den Schiedsrichtern. Auf dem Rasen gab es für beide Mannschaften Brot und Salz. Auf das Mannschaftsfoto warteten dann über 100 Fotografen und Kamerateams aus aller Welt. Für die Weltauswahl waren angetreten Pfaff, Gentile, Antognoni, Breitner, Detari, Stielike, Förster, Rochereau, Savicevic, Dirceu und Quirrate. Zur von Trainer Lobanowski geführten UdSSR-Nationalmannschaft gehörten Belanow, Bessonow, Protassow, Litowtschenko, Alejnikow, Kusnezow, Sawitschew, Bal und Oleg Blochin. Er spielte die erste Halbzeit für die UdSSR-Auswahl, die zweite Halbzeit für die Weltauswahl. 

Die Seitenwahl gewann Blochin gegen den Kapitän der Weltauswahl Giancarlo Antognoni. Ganz entspannt verfolgte der Coach der internationalen Auswahl Franz Beckenbauer das Spiel. Blochin griff tief in die Fußball-Zauberkiste, verwandelte auch einen Elfmeter unhaltbar. Über ihn sagte Beckenbauer nach dem Spiel: „Blochin war einer der besten Spieler in der Geschichte des Fußballs.“ Paul Breitner über Blochin: „Er war ein Ausnahmestürmer, der nicht nur mit Fuß und mit Köpfchen spielte, sondern mit Leib und Seele. Ich bewunderte immer seine Athletik, seine Kondition, seinen kompromisslosen Einsatz, zuallererst aber seine Fairness.“

Mit dem Ergebnis des Spiels, einem 3:3, waren alle zufrieden, die Fußballer wie auch das Publikum. Zum Schluss begann für Oleg Blochin die wohl schwerste Stadionrunde seines Sportlerlebens. Er verabschiedete sich unter Tränen von den 100 000 Stadionbesuchern und von den Millionen Menschen vor den Fernsehbildschirmen. Das legendäre Abschiedsspiel von Oleg Blochin wurde in viele Länder der Erde übertragen.