Wildpark und Corona

Wildpark und Corona

Es ist noch dunkel, die Sonne ist noch nicht aufgegangen über dem Wildpark Schorfheide in Groß Schönebeck im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Verwundert schauen die Przewalski-Wildpferde in meine Richtung. „Was will der hier“, werden sie denken. Hier ist schon seit einer Woche keiner mehr vorbei gekommen. Zum zweiten Mal in diesem Jahr bleiben die Tore des Wildparks für mindestens vier Wochen verschlossen. Lockdown heißt das. Die Zahl der Corona-Infizierten steigt auch im Land Brandenburg besorgniserregend. Natürlich muss alles dafür getan werden, die Infektionszahlen zu senken, auch mit drastischen Maßnahmen. Aber die Schließung des Wildparks ist für mich nicht nachvollziehbar. Das Gelände ist riesig, über 115 Hektar groß. Im Nachbarland Berlin bleiben Tierpark und Zoo dagegen geöffnet, sogar zum Friseur kann man gehen. Beim ersten Mal, im Frühjahr dieses Jahres, bangten die Mitarbeiter um die Existenz des Parks. Nun soll es vom Land für den Monat November einen Zuschuss geben. Aber was dann?

Auch die grauen Konik-Wildpferde stehen dicht beisammen. Die Elche stehen von ihren Nachtlager auf und machen sich auf die Suche nach ihrem Frühstücksgrün. Die Wölfe heulen. Sie haben mich bestimmt schon lange gehört und entdeckt ehe ich sie sehe, im Unterholz versteckt. Das kleine am 08. September 2020 geborene Englische Parkrind entwickelt sich prächtig, stets umsorgt von der Mutter. Das Englische Parkrind ist die weiße Form des heute ausgestorbenen dunklen Auerochsen. Sie sind sehr selten. Deutschlandweit gibt es nur etwa 60 Tiere. Es sind die ältesten Hausrinder des Menschen.

Bei der Fütterung der flinken Fischotter muss die Wildpark-Mitarbeiterin genau hinschauen, dass auch jeder der fünf Otter seine Portion abbekommt. Eine ganze Nacht lang nichts gefressen. Da ist der Hunger groß. Viel gelassener gehen die Wisente dem Tag entgegen. Sie warten auf die wärmende Sonne. Im riesigen Luchsgehege warten fünf hungrige Mäuler auf ihre Fleischportion. Zu sehen ist aber erst nur das Muttertier. Der Vater muss ausharren bis sie gefressen hat, dann darf er. Indes bringt die Mama Fleischbrocken zu den drei rufenden Jungtieren, die versteckt im herbstlichen Wald liegen. An diesem Tag höre ich sie nur, zu sehen bekomme ich sie nicht. 

Nun kehrt wieder Ruhe ein im Wildpark Schorfheide. Das wird so weitergehen, mindestens bis Ende November.