03 Feb Historisches Datum
Der 05. Februar 2018 ist der Tag, an dem die Mauer genau so lange weg ist, wie sie einst gestanden hat. Das waren exakt 28 Jahre, zwei Monate und 26 Tage. Am Abend des 09. November 1989 war es soweit. Grenzsoldaten öffneten die Schlagbäume auf der Brücke an der Bornholmer Straße. Es war der beharrliche Protest der Ostdeutschen, der diesen Betonwall zum Einsturz brachte. Anfang der 1990iger Jahre bekräftigte das damalige PDS-Führungsmitglied Andre Brie, dass eine Gesellschaft, „die eine Mauer, egal zu welchem Zeitpunkt, nötig hat, die Massenrepression nötig hat, eine Gesellschaft, die individuelle Freiheitsrechte nicht gewähren kann, dass die es nicht wert ist, verteidigt zu werden.“
Die Berliner Mauer war 155 Kilometer lang, 43 davon im Stadtgebiet. Zwischen 1961 und 1989 starben im Kugelhagel 140 Menschen. 5075 gelang die Flucht nach Westberlin. Sehr schnell verschwand das Bauwerk aus dem Stadtbild. Leider. Nur ganz wenige Meter Originalmauer gibt es heute noch in Berlin. Nicht selten verlief in der Innenstadt die Grenze auf einer engen Straße, eine Seite Ostberlin, die andere Seite Westberlin, in der Mitte das Schussfeld.
Anders das Grenzregime an der innerdeutschen Grenze. Unvorstellbare 1378 Kilometer war sie lang. 1990 bin ich mit einem Auto die Grenze zwischen Thüringen und Hessen auf dem Kolonnenweg der Grenzer abgefahren. Schon fünf Kilometer vor der eigentlichen Grenze begann das von der Polizei bewachte Grenzgebiet. Ein erster Stacheldrahtzaun, der Signalzaun, kam dann 500 Meter vor der Grenzlinie, gesichert mit elektrischen Drähten, die bei Berührung Alarm auslösten. Es folgten Stacheldrahtfelder mit Holzspitzen, der Kolonnenweg der Grenztruppen, KFZ-Sperrgraben, ein zehn Meter breiter Sandstreifen. Das letzte Hindernis war ein Streckmetallzaun, durch den man zwar hindurch sehen konnte aber nicht hinauf klettern konnte. Die Öffnungen waren zu klein für die Finger. Und an diesem Zaun hingen über 70000 Selbstschussanlagen SM 70, die beim Auslösen tödliche Metallsplitter verschossen. Das alles überwacht durch die Grenztruppen der DDR. Und wo Dörfer zu dicht an der Grenze standen, wurde zusätzlich eine Mauer wie in Berlin gebaut, oder die Bewohner mussten über Nacht Ihre Dörfer verlassen. Eine dieser Einsätze in Thüringen nannten die DDR-Behörden „Aktion Ungeziefer“. In der Nähe von Eisfeld bei Hildburghausen erinnerte damals ein vertrockneter Blumenstrauß an einem Baumstumpf daran, dass an dieser Stelle im Jahr 1975 zwei Grenzsoldaten durch Schüsse aus einer Maschinenpistole in den Rücken starben.
Heute hat sich die Natur das Grenzgebiet zurück geholt. Der 50 bis 300 Meter breite Streifen reicht von Travemünde bis zum ehemaligen Dreiländereck bei Hof. Viele seltene Tier- und Pflanzenarten haben sich während der Mauerzeit hier auf dem Grünen Band angesiedelt. Vom Todesstreifen zur Lebenslinie.