Unbekanntes Georgien

Unbekanntes Georgien

Die gastfreundlichsten Menschen auf dieser Erde leben in Georgien. Wie kamen die Georgier an das herrliche Stück Land? Als Gott die Erde schuf, als er jedem Volk ein Stück Land zusprach, da waren die Georgier, mal wieder, zu spät. Gott hatte bereits alles verteilt. Die Georgier aber erklärten, sie kämen geradewegs von einem großen Bankett, wo sie zur Feier seiner Herrlichkeit gegessen und getrunken hätten, Geschmeichelt schenkte Gott dem kleinen Volk, was er für sich reserviert hatte – seinen Garten.

Nach 2014 reiste ich zum zweiten Mal nach Georgien. Ich wollte mehr erfahren über die Georgier, über ihr Leben und die einzigartige Natur mit allen Sinnen erleben.

Das Volk zwischen dem Kleinen und dem großen Kaukasus, dessen Gipfel weit über 5000 Meter in den Himmel ragen, blickt auf eine wechselvolle Geschichte. Jahrhundertelang besetzten Perser, Türken das Gebiet. Der Zar verleibte es Russland ein, später wurde es Sowjetrepublik. Unabhängigkeit erlangte das Land nach dem Zerfall der Sowjetunion. Im Jahr 2008 kam es zu einer militärischen Auseinandersetzung mit Russland. Abchasien und Südossetien wurden besetzt und die Grenzen für Georgier geschlossen. Zehntausende Flüchtlinge aus diesen Gebieten leben nun in riesigen Flüchtlingslagern. Jahrhunderte lang flüchteten die Menschen bei Gefahr in die Wehrtürme, die zu jedem Anwesen gehören. Heute zählen diese Türme zum Weltkulturerbe der UNESCO. Es ist noch keine 100 Jahre her, da war die Blutrache zwischen Familien und Dörfern alltäglich.

Nach Jahren der Stagnation beginnt Georgien jetzt aufzuerstehen. Es wird die trotz des einmaligen Klimas fast nicht existierende Landwirtschaft entwickelt. Die ersten Früchte tragen die Programme zur Verbesserung der Infrastruktur und des Tourismus.

Der Reisende hat in Georgien wieder die Möglichkeit, Menschen und Landschaft hautnah zu erleben, bis auf ganz wenige Ausnahmen abseits jeder Kommerzialisierung, wie sie sonst fast überall in Europa üblich ist.

Nun einige Erklärungen zu den nachfolgenden Fotos. In nur wenigen Hauptstädten in der Welt begegnen sich Geschichte und Moderne auf so engem Raum wie in Tbilisi. Über dem pulsierenden Leben der Stadt thront die Burg aus dem 3. Jh.. Ein Schmuckstück moderner Architektur ist die 2010 eröffnete Friedensbrücke des italienischen Stararchitekten Michele De Lucchi. Auf ihr können Fußgänger den Fluss Kura überqueren. Weithin sichtbar, auf einem Hügel über einer schlauchartigen Ausstellungshalle steht der Regierungspalast. Eine Bronzefigur in der Altstadt von Tbilisi ist dem Tamada gewidtmet. Der Tamada wird zu Beginn des georgischen Banketts gewählt. Er bringt die Trinksprüche in einer festgelegten Reihenfolge aus. Zuerst trinkt er auf Gott und das Wohl der Familie, die eingeladen hat. Trinksprüche auf Georgien und auf das Andenken der Verstorbenen und Helden dürfen nicht fehlen. Man trinkt auf Eltern, Freunde, Verwandte, die Vergangenheit und die Zukunft von Georgien. Am Hundertwasser-Haus in der Altstadt entdeckt der aufmerksame Beobachter auch die kleinste Uhr des Landes. Neben vielen Kirchen gibt es in Tbilisi auch eine Moschee und eine Synagoge. Interessant ist auch das Historische Museum, besonders die Schatzkammer mit den ausgegrabenen Goldschätzen. Unbedingt Anschauen muss sich der Reisende die neue Dauerausstellung über die Geschichte Georgiens in den Jahren von 1921 bis 1991, finstere Jahre der Unterdrückung durch die kommunistische Sowjetunion, deren Zwangsmitglied Georgien war. Archäologische Forschungen belegen, dass es bereits im 1. bis 3. Jahrhundert christliche Gemeinschaften in Georgien gab. Im Jahr 327 wurde das Christentum zur Staatsreligion erklärt. Eindrucksvoll die Andacht in der Swetizchoveli Kathedrale aus dem 11. Jh. In der alten Hauptstadt Mzcheta und der Besuch des Nonnenklosters in Signagi. Und was wächst in Gottes Garten besonders gut? Das sind die Trauben. Aus denen wird ein hervorragender Wein gemacht. So zum Beispiel im Weingut Kindzmarauli in Kachetien. Georgien ist das Mutterland des Weines, seit 8000 Jahren wird hier Wein nach besonderer Art hergestellt. In Kvevris, riesigen in die Erde eingegrabenen Tonkrügen, vergären die Trauben monatelang unter konstanten Temperaturen und weitgehendem Sauerstoffabschluss. Das Ergebnis ist traumhaft.

Unweit des Kreuzpasses traf ich russische Kraftfahrer, die einen defekten Motor auf der Bergstraße aus dem Truck ausgebaut  und zerlegt hatten. Als ich einen Tag später wieder an dieser Stelle vorbeikam, waren sie weg, Unvorstellbar. Ein kleiner Friedhof direkt neben der Alten Heerstraße auf über 2000 Meter Höhe bei Gudauri erinnert ein kleiner Friedhof an deutsche Kriegsgefangene, die hier unter unvorstellbaren Bedingungen Tunnel bauen mussten.  Unvergessen auch die Wanderungen im Angesicht des Kasbeg, einem Bergriesen mit 5047 Meter Höhe. Auf dem Gipfel verläuft die Grenze zu Russland. Auch vor den Füßen gab es viel zu entdecken, zum Beispiel den giftigen Kaukasischen Riesen-Bärenklau und Wiesen voller Enzian. Der Ort Gudauri wird zu einem Wintersportzentrum ausgebaut. Hotel neben Hotel, Skilift neben Skilift. Hier sieht es bald aus wie in Sölden in Tirol. Ein Stück Weges wurden wir begleitet von kraftstrotzenden Hütehunden. Schließlich gibt es hier Bären und Wölfe. Am letzten Tag waren wir noch einmal in der alten Hauptstadt Mzcheta. Ein eben getrautes Paar schaute von der Dschwari-Kirche auf dem Berg auf die historische Stadt.

Zum Schluss eine Verbeugung vor den Mitwanderern aus Österreich und Deutschland. Ihr wart Klasse.  Ganz besonders möchte ich Tina danken, die uns sicher durch den Kaukasus führte und einfach alles wusste. Und Klavierspielen kann sie auch hervorragend.

Bis bald mal wieder, im Kaukasus.

 

(Mehr Fotos aus Georgien auf der Seite Unterwegs, Georgien)