27 Mai Sylt – Insel mit Eintritt
Wer auf die Nordseeinsel Sylt möchte, muss Eintritt zahlen, an die Deutsche Bahn. Nach Sylt geht es vom holsteinischen Festland nur per Eisenbahn über den 1927 eingeweihten elf Kilometer langen Hindenburgdamm. Der Damm hat keine Straße oder Fahrradweg. Für die Hin- und Rückfahrt mit dem Autozug fordert der Staatskonzern 92 Euro. Deshalb sind wohl die leuchtend grünen, vier Meter hohen „Reisenden Riesen im Wind“ des Bildhauers Martin Wolke auf dem Bahnhofsvorplatz in Westerland so aus dem Gleichgewicht geraten.
Überwältigende Landschaften warten auf den Entdecker zwischen List mit dem Naturschutzgebiet Ellenbogen im Norden der rund 30 Kilometer langen Insel und Hörnum im Süden. Schmucke reetgedeckte Häuser, manchmal sogar Paläste, lenken die Blicke in den Dörfern und Westerland oder verborgen in den Dünen auf sich. Perlen sind die liebevoll restaurierten reetgedeckten Häuser, in denen vor über einhundert Jahren die Kapitäne wohnten. Aber es fallen krasse Architektursünden auf. Direkt am Strand von Westerland steht ein 15 Etagen hoher Plattenbau, von jedem Punkt der Insel zu sehen. Aber auch über die Architektur aktueller Bauten, meist Häuser mit Eigentumswohnungen oder Ferienapartments, kann man nur den Kopf schütteln. Hier steht wohl die schnelle Rendite im Vordergrund.
Sylt ist natürlich auch die Insel der „Reichen und Schönen“, der Stars und Möchtegernsternchen. Für sie gibt es in Restaurants Wein oder Champagner, wo die Flasche schon mal einige tausend Euro kostet. Wer auf Sylt ist, kann richtig gut essen gehen. Da gibt es mehrere Gourmet-Tempel. Besonders empfehlen möchte ich die legendäre Sansibar in den Dünen bei Rantum (Platz reservieren).
Für eine Woche hat auch wieder ein seltener Albatros auf der Insel Station gemacht. Mit einer Flügelspannweite von über 3,50 Meter ist er der größte Seevogel der Erde, kann mehrere Wochen ohne Unterbrechung fliegen. Eigentlich sind diese Superflieger auf der Südhalbkugel zu Hause. Den vom Kurs abgekommenen habe ich leider nicht entdecken können. Dafür waren die Möwen sehr fotografenfreundlich. Genauso selten wie der Albatros werden künftig auch die Insulaner. Die Bewohner Sylts werden immer mehr verdrängt. Ein- und Mehrfamilienhäuser wandeln sich zu Ferienwohnungen. So manche Immobilie wird von seinem Eigentümer nur wenige Wochen im Jahr genutzt. Einige „richtige“ Einwohner von Sylt habe ich getroffen. Es sind liebe Menschen, wie der über 70 Jahre junge Landschaftsfotograf Eberhard Rohde. Wohl kein anderer kennt die Insel so wie er. Er fotografiert heute immer noch analog, zum Teil mit einfachen Kameras, die er auf dem Trödelmarkt findet. Seine Fotos sind überwältigend. Und das ohne Photoshop. Der Fotograf hat eine kleine Galerie in der Strandstraße 33 im Zentrum von Westerland. Dort kann sich der Besucher seine Werke anschauen, mit ihm darüber reden und auch kaufen. Ein richtiger Insulaner ist auch Willi geworden. Seit über 20 Jahren kommt diese Kegelrobbe fast täglich in das Hafenbecken von Hörnum, wo sie sich von Touristen mit Hering füttern lässt. Eigentlich ist Willi eine Dame. Der Irrtum fiel auf, als Willi plötzlich Nachwuchs bekam.
Spektakulär auf Sylt sind die Sonnenuntergänge. Das Bühnenbild aus Wolken und Wellen wechselt täglich.